Die Paradoxie des Suchens

Wenn man mit Kleinkindern spielt, ist der allergrößte Hit das Verstecken & Suchen. Da wird sich hinter der durchsichtigen Gardine versteckt oder freudig die Hand vor die Augen gehalten. Wahrscheinlich ist das Suchen und Finden ein menschlicher irrwitziger Instinkt, welcher bereits in frühen Jahren ausgeprägt wird. Wenn meine Nichten und Neffen bespaßt "Such mich" rufen, kann ich nur mit dem Kopf schütteln und denke; *Kind, tue das nicht. Du verbaust Dir mit dem Scheiß echt Deine Zukunft.* 
Einmal mit der Suche angefangen, gibt es kein Entrinnen mehr. Man braucht sich gar nicht über das rudimentäre Suchspiel lustig zu machen, denn die Suche geht noch viel weiter. Nach der Jugend wartet die Suche nach sich Selbst, im frühen Erwachsenenalter folgt die Sinnsuche, Selbstfindung bla bla bla. Der Ratgebermarkt boomt. Ich sollte mich auf Lebensratgeber spezialisieren, könnte natürlich passieren dass man meine Bücher in den Regalen nicht findet. Tja, das Leben ist Risiko. Aber ich verSuche das lieber erst gar nicht. Soll schon so manchen gegeben haben, der auf der Suche hängen geblieben ist.
Viele glauben ja dass man ankommt sobald eine Familiengründung erfolgt ist, aber mal ganz unter uns gesagt: Glaubt nicht alles was man Euch erzählt! Das ist eine Falle. Die Suche geht dann von neuem los: „Wo steckt denn der Bengel bloß wieder?“. Manche suchen aus eingefahrener Situation auch wieder nach einem Ausweg. Die vorangegangene Sinnfindung lief dann scheinbar nur suboptimal.
Wenn alles glatt läuft, wird man dann als alter und seniler umherirrender Mensch auf der Straße gesucht und gefunden. Hätte man sich sicherlich lieber anders ausgesucht.
Ich befinde mich gerade auf oben genannter Suchskala wohl irgendwo auf der Stufe der Sinn- und Selbstsuche. Das wird mir aber auch mittlerweile ganz schön langweilig. Ich spiel da jetzt nicht mehr mit. Habe beschlossen mich stattdessen, wie es meine Nichten und Neffen machen, hinter der Gardine oder der Türe zu verstecken. Dann rufe ich laut „Buh, hab mich gefunden!“ Somit habe ich das Schicksal besiegt. Ein echt bescheuertes Spiel dieses Suchen. So gute Nacht. Wohin hab ich denn jetzt eigentlich gleich noch mal vorhin meinen Schlüssel gelegt… nicht dass ich den morgen früh suchen darf… empFINDE ich nicht so erfüllend.


Nachtrag vom 26.06.2019: Nach scheinbarer Selbstfindung und erfolgreicher Partnerbindung versteckt sich mein drei Monate alter Sohn mittlerweile beim Stillen unter meiner Brust und erfreut sich des Guck-Guck- und Suchenspielens zur allgemeinen Belustigung.... Der Kreis schließt sich!
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